Mittwoch, 8. Juni 2011

Welches Etikett steht auf deiner Brust?

Wir Menschen neigen (heutzutage) dazu, anderen Etiketten auf die Brust zu kleben, auf denen steht, wer, wie oder was der andere "ist".

Besonders in der Schule läufst du Gefahr, mit einem solchen Aufkleber versehen, in eine Schublade gesteckt oder in eine Schablone gepresst zu werden. Viele Lehrer tun das ganz automatisch (und ohne böse Absicht), sie verteilen viele Aufkleber, möglicherweise, um sich zu orientieren. Leider führt das oft dazu, dass sie Schüler nicht mehr als Menschen sehen, sondern lediglich nach bestimmten Normen oder Maßstäben bewerten.

Ich möchte dich bitten, einmal kurz über die folgenden Fragen nachzudenken:
Hast du das Gefühl, dein Lehrer/deine Lehrerin sieht dich als Mensch?
Welches Etikett hat er/sie möglicherweise auf deine Brust geklebt?
Welche Auswirkungen hat das auf ihn/sie, welche auf dich?

Zugegeben, diese Fragen lassen sich vielleicht nicht leicht oder in kurzer Form beantworten. Ich bin aber der Meinung, es lohnt sich, sich diese einmal zu stellen.

Auch Schüler verteilen Aufkleber, nicht nur an Lehrer, sondern auch untereinander. Es kann sich lohnen, das einmal anzuschauen.
  • Ist es in deiner Klasse in Ordnung, ein "guter Schüler" zu sein? Fragen dich andere gern um Rat oder wirst du als "Streber" bezeichnet, wenn du versuchst, dein Bestes zu geben?
  • Ist es in deiner Klasse in Ordnung, ein "schlechter Schüler" zu sein? Bekommst du dann Unterstützung oder wirst du ausgegrenzt oder ausgelacht?
  • Ist es in deiner Klasse in Ordnung, ruhig, zurückhaltend, schüchtern oder "anders" zu sein, oder wirst du dann gemobbt?
  • Wenn du eher den Mund an der richtigen Stelle hast und auch mal ungefragt sagst, was du gerade denkst, bist du dann besonders cool, beliebt oder eher ein "Störenfried"?
Mit einem Etikett herumzulaufen, kann ganz schön belastend sein, sogar, wenn es ein scheinbar "Positives" ist. Der "Lieblingsschüler" des Lehrers könnte Angst haben, in dessen Gunst zu schwinden. Eine "gute Schülerin" macht sich vielleicht Sorgen, dass sie den Erwartungen anderer - z.B. auch der Eltern - nicht immer gerecht werden kann oder macht sich Druck, diesen immer gerecht werden zu müssen. Eine "schlechte Schülerin" hat wahrscheinlich wenig Selbstvertrauen oder fühlt sich nicht gesehen.

Alle Etiketten, die andere uns aufkleben, sollten wir als das sehen, was sie sind - Klebezettel, die uns aufgeklebt wurden. Ich muss da an das Partyspiel "Wer bin ich" denken, bei dem wir uns gegenseitig beschriftete Klebezettel an die Stirn pappten - und nun musste jeder raten "wer er ist". Ich würde nie auf die Idee kommen, nachdem ich erraten hätte, "wer ich bin", das Zettelchen mit der Aufschrift "Barbie" oder "Angela Merkel" auf meiner Stirn kleben zu lassen. Auch "Franzi van Almsick" oder "Julia Roberts" - selbst wenn diese mir mehr schmeichelten als erstere - würde ich spätestens am nächsten Morgen, bevor ich das Haus verließe, wieder entfernen. 
"Das kann man ja auch viel leichter entfernen" sagst du jetzt vielleicht... Du hast Recht. Und dennoch denke ich, dass DU bestimmen solltest, wer, wie oder was du bist und sein willst.

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"Als ich noch zur Schule ging, wurde ich oft gefragt, ob es mir gefiele. Manchmal sagte ich ja, manchmal nein. Allerdings dachte ich...